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These: wären wir in einer bisher autolosen Parallel-Realität und das Auto würde heute erfunden, würde es nicht mal genehmigt werden. "Hey, wir haben da ein Fahrzeug, mit dem könnt ihr wie Affen in Raketen über Asphalt brettern - kostet aber halt mehrere Jahreseinkommen pro Person und ein paar Tausend Leben pro Jahr. Wer ist dabei?"
Das klingt in den Kontextein bisschen so, als gäbe es im Ausland nicht diese Unfallzahlen. Das ist aber nicht so. Auch in der Schweiz sterben viele, trotz der viel härteren Strafen und strikten Limits. Eine Korrelation von erlaubter Geschwindigkeit zur Unfallzahl konnte ich bei meiner letzten Prüfung vor ca. 5 Jahren jedenfalls nicht erkennen.
Was das Problem ist, ist das überhebliche, überschätzende und risikokofreundliche (oder gar nicht erst sehende) Fahren von sehr vielen Fahrern. Da spielt es keine Rolle, ob 150, 130 oder 100 erlaubt ist, wenn die Geschwindigkeit und das Verhalten nicht an den herrschenden Starkregen angepasst ist. Oder man einfach so von einer auf die andere Spur zieht. Oder schnell noch unbedingt überholen. Oder oder oder. Und da das weltweit so ist, liegt es wohl in der Natur vieler Menschen, so zu fahren. Eine Lösung dafür haben wir nicht, Geschwindigkeitsbegrenzungen sind es in Anbetracht der Datenlage nicht.
Nein, das Problem ist unter anderem die Denke, dass Statistiken alles rechtfertigen. Laut Polizei lag die Zahl der Unfälle, bei denen Menschen verletzt oder getötet wurden, 2023 bei rund 290 800. Wenn wir diese Zahl nur um lächerliche, geschätzte, sehr niedrig angesetzte 1% drücken könnten mit einer Maßnahme, die letztlich die restliche Welt vor Jahrzehnten umgesetzt hat, dann blieben ca. 3.000 Leute pro Jahr verschont.
Die Frage lautet also: ist es Gesundheit und Leben von mind. 3.000 Menschen pro Jahr wert, dass ein paar Leute 250km/h fahren dürfen?
Das gleiche könnte man übrigens auch mit CO2-Einsparungen bei hoher Geschwindigkeit durchspielen. Jedes bisschen zählt! Hört auf mit den Ausreden!
Im übrigen halte ich die Mär vom "die anderen fahren ja alle so böse, ich fahre verantwortungsvoll 200" für Quatsch.
Hier die Zahlen. Mit Autobahn hat das nicht viel zu tun:
Ich hab nicht nur von Autobahn gesprochen...
Aber okay, du hast mich überzeugt! Ich wünsche mir wegen der Zahlen nicht nur 130 auf der Autobahn, sondern 30 in Ortschaften und 80 auf Landstraßen. Aus jetzigen 30er-Zonen machen wir verkehrsberuhigte Bereiche. Gefährdendes Fahren muss viel viel härter bestraft werden. Das sollte ne ordentliche Delle in die Statistik hauen.
Es sei denn, jemand findet es okay, dass pro Tag "durchschnittlich 8 Menschen auf deutschen Straßen getötet, 145 schwer- und 859 leichtverletzt" (Zitat aus der Quelle) werden, damit bloß keiner langsamer oder vorsichtiger fahren muss.
Es muss nicht hart bestraft werden, dass ist doch genau der Punkt. Die Schweiz hat richtig harte Strafen und trotzdem das selbe Problem. Die Leute müssen besser mit Risiken umgehen, aber das kann man nicht jedem beibringen. Flächendeckende Kontrollen sind quasi unmöglich, daher auch irgendwelche theoretischen Strafen irrelevant. Siehe auch Sicherheitsabstand oder Alkohol am Steuer. Meistens passiert nichts, deswegen bleibt das Verhalten. Wenn was passiert ist es oft schon beim ersten mal zu spät für lerneffekte.
Ich bin voll und ganz für langsameres bzw. viel wichtiger auch sicheres Fahren. Weniger Rambo, mehr sozial. Hat eben nur nicht viel mit Autobahn zu tun, noch weniger mit Abschnitten ohne Limit, was behauptet wurde "3000 tote für ein paar die 250 fahren".
Zwar von 2020, aber halt das erste Google-Ergebnis sagt da aber ganz was anderes. "Je 1 Milliarde gefahrener Kilometer gibt es auf Autobahnabschnitten mit Tempolimit 0,95 Unfälle mit Todesfall. Auf Strecken ohne Tempolimit hingegen gibt es 1,67 Unfälle mit Todesfall – das sind rund 75 Prozent mehr als auf Strecken mit Tempolimit." Hier wird jetzt nur von Autobahn gesprochen, aber die Landstraßen sollten genauso stärker limitiert werden.
Der ADAC sagt übrigens, dass die Schweiz nicht mal die Hälfte Verkehrstote pro Milliarde km hat (1,44 vs 0,63) - und das in einem Artikel, der letztlich gegen Tempolimit argumentiert. Limits und harte Strafen wirken also vielleicht doch? Im Abschnitt "Sicherheit auf Autobahnen mit und ohne Tempolimit" steht, in 2022 gab in den untersuchten Autobahn-Abschnitten 17.755 Unfälle mit Personenschaden, 286 mit Getöteten. Davon entfallen 11.396 bzw. 193 auf Strecken ohne Tempolimit.
Dazu kommen dann noch in der Statistik selten betrachtete Gesundheitseffekte jenseits der Verkehrssicherheit (Siehe Studie der Uni Passau) und Umwelteffekte, die vielleicht nicht riesig, aber messbar sind (siehe auch ADAC oben).
Ich werde dich nicht überzeugen, das ist mir klar. Trotzdem bleibe ich dabei: wenn wir dadurch nur einen einzigen Toten weniger haben, dann lohnt sich das Limit schon. Schluss mit den Ausreden!
Danke für die Zahlen je gefahrenen Kilometer - eine sehr sinnvolle Darstellung.
Dennoch, wie schon von dir vermutet, blend ich dabei, dass die Autobahn und insbesondere freie Abschnitte Symbolpolitil sind und nicht die großen, grundlegenden Probleme angeht. Das ist für mich (fast) wie der Verbot von Trinkhalmen aus Kunststoff.
Mit dem einen Toten weniger kann man leider für alles argumentieren. Von Kutschen über Gummiversiegelung hin zu Zwangsknast für alle. Irgendwo muss man abwägen.
Am liebsten wären mir Autonome Fahrzeuge mit ständig an die Bedingungen angepasste Geschwindigkeit. Enge Straße, viele parkende Autos? Ganz sicher nicht ganz 50. Freie Strecke auf der Autobahn ohne irgendwas, nur weil ein Baustellenschild irgendwo stand? Ganz sicher nicht nur 80. Freie Autobahn nachts, quasi alleine? Ganz sicher nicht mehr als die Leuchtweite der Scheinwerfer hergibt (Bremsweg, Reaktionszeit). Schnee und Eis? Dann eben mal langsam. Wäre das toll. Vielleicht ist es in 20 Jahren so weit...